32 Wie Ernst einer süssen Versuchung den Garaus macht.

Ernst hört ein seltsames Geräusch. Es ist, als ob jemand einen Ziegel vom Dach der Klause abbrechen würde. Ernst schaut durchs Schlüsselloch. Es ist Frater Felix. Ernst ruft:

Knupper, knupper, Kneischen,
Wer knuppert an Ernsts Häuschen?

Frater Felix antwortet:

Ernst streck Ernsts Finger heraus,
damit ich fühle, ob der Einsiedel bald fett ist.

Ernst streckt also Ernsts Knöchelchen durch das Gitter und Frater Felix hängt eine Schachtel daran und sagt: «Hier bringe ich Ernst noch eine Lappalie, die im Monasterium von den Festtagen übriggeblieben ist.» Ernst guckt neugierig hinein und sieht ein halbes Dutzend Schokoostereier. Ernst ruft: «Ostereier im Januar?» Frater Felix nickt bedeutungsvoll und sagt: «Ein Koch ist so nützlich wie ein Dichter.»[1] Dabei wird Frater Felix’ Stimme immer leiser und endet al niente. Ernst schaut durch das Schlüsselloch: Der Koch ist weg.

Und schon streifen Ernsts Finger nachdenklich über das ostergrün knisternde Seidenpapier       ?       Aber dann reisst Ernst Ernst zusammen, wirft die Temptation ins Spülbecken und dreht den Wasserhahn auf. Und damit Ernst nicht vergesse, was es heisst, wenn es in Ernsts Klause knuppert und kneischt, bannt Ernst alles auf 1 Film.

 

 


[1] Athenaeus, Deipnosophistarum I/13